Stellungnahme zum Presseartikel "Vergleich der Wohnnebenkosten" vom Bund der Steuerzahler / 14.05.2020 >

Seit 2002 werden wir wiederkehrend mit den für Celle irreführenden Darstellungen des Bundes der Steuerzahler konfrontiert und haben schon mehrfach darauf aufmerksam gemacht, dass die für die Vergleiche von Abfallgebühren zu Grunde gelegten Annahmen und auch die angewandte Systematik für einen Vergleich der Abfallgebühren nicht geeignet sind.

Denn: Einen Musterhaushalt, wie ihn der Bund der Steuerzahler für seine Berechnungen der Abfallgebühren heranzieht, gibt es in Celle so gut wie gar nicht. Mathematisch sind die Berechnungen nicht falsch, aber sie sind ein schönes Beispiel dafür, wie mit der gewählten Darstellungsform einer Statistik die Wirklichkeit bis über ein zulässiges Maß hinaus verzerrt werden kann.

Dass die Berechnungen des Bundes der Steuerzahler mit Blick auf die konkreten Celler Zahlen irreführend sind, zeigt eine erste kleine Gegenrechnung: Der für die Vergleichsberechnung herangezogene dreiköpfige Musterhaushalt bezahlt in Celle angeblich 459 € pro Jahr. Ginge man von dem aus, was der Bund der Steuerzahler suggeriert, dass nämlich gleichermaßen alle Celler (in Stadt und Landkreis ca. 180.000 EW) in dreiköpfigen Musterhaushalten lebten, dann käme dabei ein jährliches Gebührenaufkommen nur für den Bereich der Müllabfuhr von ca. 27,5 Mio. € heraus. Die Gesamthöhe aller Abfallgebühren beträgt in Celle für den Bereich der Müllabfuhr der Abfalltonnen (Rest-, Bioabfall, Altpapier) aber nur die Hälfte, ca. 14 Mio. €. Das zeigt auf recht einfache Weise, wie weit der Bund der Steuerzahler mit seinen Berechnungen von den realen Verhältnissen entfernt liegt. Die Hauptursache dafür, dass die Darstellungen des Bundes der Steuerzahler für Celle ein falsches Bild ergeben, ist: Er suggeriert mit dem Begriff „Musterhaushalt“, dass seine Berechnung für die Celler Gebührenzahler repräsentativ sei. Das ist sie aber nicht!

1.) Der Bund der Steuerzahler geht davon aus, dass jeder Musterhaushalt über je eine 120-Liter Rest- und Biotonne verfügt, die er jeweils 26 Mal pro Jahr zur Leerung herausstellt. Ein Blick in die Celler Abfallstatistik verrät aber, dass in Celle (Landkreis und Stadt) eine 120-Liter Restabfalltonne (von denen es 2019 ca. 30.300 Stück gab) tatsächlich im Mittel nur 9,4-mal und eine 120-Liter Biotonne (ca. 11.300 Stück) nur 7,5-mal pro Jahr zur Leerung bereitgestellt werden. Das führt für einen Haushalt, der diese beiden Tonnen nutzt, im Mittel zu einer jährlichen Gebühr in Höhe von 214,91 €. Das ist weniger als die Hälfte der behaupteten 459 € und das ist die Realität! Mit dieser realen mittleren Abfallgebühr von 214,91 € liegt Celle im Ranking des Bundes der Steuerzahler auf Platz 2 der günstigsten Landkreise in Niedersachsen (sofern die Berechnungen für die anderen Landkreise richtig sind). Die Berechnung des Bundes der Steuerzahler beruht insbesondere bei der angenommenen Anzahl an Leerungen auf einer unzulässigen Vereinfachung, durch die die wahren Verhältnisse nicht abgebildet werden. In Landkreis und Stadt Celle werden die Abfallgebühren seit fast 20 Jahren mittels Identsystem ermittelt, bei dem nur die tatsächlichen Leerungen berechnet werden. So ein System mit Pauschalgebührensystemen zu vergleichen, bei denen fix 26 Leerungen in Rechnung gestellt werden, kann nicht gut gehen.

2.) Eine weitere Gegenrechnung: Im Mittel wird von jedem/jeder CellerIn pro Jahr (2018) ein Volumen von 565 Litern pro Jahr für Restabfall genutzt. Für 3 Personen sind das also 1.695 Liter, entspricht einer Leerungsgebühr von 128,82 €, zzgl. Grundgebühr von 84,18 € ergibt gesamt für Restabfall 213,00 € pro Jahr für 3 Musterpersonen. Dazu kommen im Mittel 128 Liter pro Person und Jahr für Bioabfall. Für 3 Personen sind das 384 Liter, was einer Leerungsgebühr von 19,20 € (keine Grundgebühr) für 3 Musterpersonen pro Jahr entspricht. Es ergibt sich rechnerisch eine durchschnittliche jährliche Gesamtgebühr für einen fiktiven 3-köpfigen Haushalt mit Rest- und Bioabfalltonne in Höhe von 232,20 €(Plausiberechnung: Pro Kopf sind das im Mittel 77,40 €; 77,40 €/EW * 180.000 EW = ca. 14 Mio. € (s. o.)).  Mit 232,20 € pro Jahr liegt Celle im Ranking des Bundes der Steuerzahler auf Platz vier der günstigsten Landkreise in Niedersachsen. Die geringe Differenz zwischen 232,20 € und 214,91 € (vgl. 1.) zeigt, dass die Berechnung unter 1. recht nah am absoluten Mittelwert liegt und daher die realen Gebühren für Celle gut trifft.

3.) Eine abschließende Beurteilung der Qualität des Abfallservice anhand von vier bis fünf ausgewählten Kriterien halte ich für nicht belastbar.

4.) Meines Wissens leben im Landkreis Celle im Mittel ca. 2,1 Personen in jedem Haushalt, nicht 3.

5.) Ich rate Jedem/Jeder, einen Blick in den eigenen Abfallgebührenbescheid/Nebenkostenabrechnung zu werfen. Dieser wird für die weitaus meisten Celler ergeben, dass die jährliche Abfallgebühr sehr weit unter 459 € liegt.

Diese Zahlen sind hier jederzeit abrufbar. Der Bund der Steuerzahler hat sie jedenfalls nicht abgefragt.

Tobias Woeste / Geschäftsführer